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Das Wiesenfest in alter Zeit

Im Laufe der Jahre entwickelte sich das Wiesenfest zu einem großen Fest. 1881 wurden zwei Musikkapellen verpflichtet und drei Bierbuden aufgestellt. Tanzveranstaltungen gab es im Hoppeschen Gasthof („Goldener Hirsch“), im Rathaussaal, später auch im Turnhallensaal und im Schützenhaus.
 
 
Nach der Einweihung der Eisenbahnlinie Hirschberg - Schönberg im Jahre 1892 strömten immer mehr Festbesucher herbei, so dass ab dem Jahre 1893 ein Sonderzug von Plauen aus eingesetzt werden musste. Auch das Postamt Hirschberg wurde gebeten, Sonderfahrten, vor allem nachts, für die Strecken Hirschberg - Berg; Hirschberg - Frössen und Hirschberg - Gefell, einzurichten.
 
 
 
 
Zu jedem Wiesenfest gehörte eine Tanzbruck im Freien, auf der die größeren Mädchen und Jungen, beaufsichtigt von den Lehrern, nach den Klängen der Stadtkapelle das Tanzbein schwingen konnten. Die Jugendlichen machten davon regen Gebrauch. Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts verbot die Kirchenbehörde Ebersdorf diese Tanzveranstaltung. Auf Protest der Bürger übernahmen - statt der Lehrer - einige Komiteemitglieder die Aufsicht und so gab es keinen Grund mehr, den Brucktanz zu verbieten.
 
Angeblich hatten die Gründer des Wiesenfestes das Wiesenfest in Münchberg in Bayern besucht, dieses Fest als Vorbild für das Hirschberger Wiesenfest genommen und dazu gehörte die Tanzbruck.
 
Das Fest begann an einem Sonntag, setzte sich am Montag fort und am darauffolgenden Sonntag erfolgte der Abschluss der Feierlichkeiten. Während der Kriege fanden keine Wiesenfeste statt, so z. B. im Jahre 1870, 1914 bis 1918 und 1940 bis 1945.
 
1919 bis 1921 wurde das Wiesenfest nur an zwei Tagen als Kinderfest gefeiert, da die wirtschaftliche Lage sehr schlecht war.
 
1919 konnte das Fest durch die Zuschüsse der Lederfabrik von 3000,00 Mark, der Stadt von 2000,00 Mark und durch die Spendenbereitschaft der Bevölkerung abgehalten werden. Vor jedem Wiesenfest wurde eine Geldsammlung durchgeführt.
 
Zu dieser Zeit gab es auch große Probleme bei der Beschaffung der Bratwurst, die jedes Schulkind kostenlos erhielt. Nicht so einfach hatten es Familien mit mehreren Kindern, die zum Wiesenfest auch nicht zurückstehen wollten.
 
Im Jahre 1922 und 1923 waren durch die Geldentwertung finanziell die schlechtesten Jahre. 1922 konnten die Tiefengrüner und 1923 die Venzkaer Kinder am Fest teilnehmen.
 
Zum 75jährigen Jubiläum des Wiesenfestes, im Jahre 1927, feierten die Einwohner von Hirschberg und ihre Gäste 6 Tage. Dieses Fest war der Höhepunkt in der bisherigen Geschichte des Wiesenfestes.
 
Während des Wiesenfestes ruhte in der Lederfabrik ab Mittag die Arbeit. Später fand zu dieser Zeit auch das Betriebsfest statt Arbeiter und Angestellte beteiligten sich am Wiesenfestumzug.
 
Im Laufe der Jahre wechselten die Wiesenfestplätze. Bis 1909 fand das Fest auf der Jägers-Wiese, der heutigen Gerberstraße (Talstraße) statt. Ab 1896 wurde das Wiesenfest schon auf dem kleinen Sportplatz beim Asyl (heute Parkplatz) abgehalten, aber seit 1902 wurde es wieder auf die Pfarrwiese (Gerberstraße) verlegt.
 Arbeiter der Lederfabrik beim Festumzug
 Beschäftigte der Lederfabrik in den 30er Jahren, Foto: Privatbesitz
 
 
Der alte Festplatz an der heutigen Gerberstraße 
Platz des Wiesenfestes 1903
 
Als 1904 das Postamt erbaut wurde, suchte man einen neuen Festplatz, konnte sich aber von der bisherigen Festwiese nicht trennen. So wurde beschlossen, einen Teil des Getreides auf dem Jahn'schen Feld abzumähen, falls es bis zum Wiesenfest nicht geerntet worden war. 1909 war dann endgültig der kleine Sportplatz der Festplatz und seit dem Jahre 1921 wurde auf dem großen Sportplatz gefeiert.
 
Ankündigung für Platzkonzert
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts begingen die Hirschberger unter dem Bürgermeister Walter Ruhe (1922 bis 1945) das Fest im größeren Rahmen. Der Sonntag begann zwischen 7.00 und 8.00 Uhr mit dem Morgensingen der Schuljugend an verschiedenen Plätzen der Stadt.
 
Von 11.00 bis 12.00 Uhr spielte die Stadtkapelle unter der Leitung von Heinrich Lanzer zum Platzkonzert vor dem Rathaus.
 
Die gesamte Stadt war festlich geschmückt. Die jeweilige Forstverwaltung stellte Fichtenzweige kostenlos zur Verfügung. Am Nachmittag versammelten sich die Schüler und die übrigen Teilnehmer des Festumzuges auf dem Schulhof der heutigen „alten Schule“ zum Auszug auf den Festplatz. Voran schritten die Mitglieder des Komitees „im schwarzen Anzug, mit hohem Hut und weißen Handschuhen“.
 
 
 
Wiesenfestkomitee der 1920er Jahre
Wiesenfestkomitee (Ender der 20er Jahre), Foto: Stadtarchiv
 
Am ersten Sonntag des Jahres 1933 führte der Zug durch die Heinrichstraße (Karl-Liebknecht-Straße), Gerberstraße, Saalebrücke, Saalgasse, Heinrichstraße, Marktstraße, Hofer Straße, Schulstraße zum Festplatz. Am Montag zog man 14.45 Uhr vom Schulhof durch die Heinrichstraße, Marktstraße, Hofer Straße, Schulstraße zum Festplatz und am letzten Sonntag durch die Heinrichstraße, Reichsstraße (Friedrich-Fröbel-Straße), Bismarckstraße (August-Bebel-Straße), Zeppelinstraße (Ernst-Thälmann-Straße), Bahnhofstraße, Schulstraße. An allen 3 Tagen erfolgte gegen Abend der Einzug der Kinder stadteinwärts.
 
In einem Zeitungsbericht von 1939 heißt es: „Es war ein farbenfrohes Bild, diese festlich gekleidete Jugend beisammen zu sehen, betreut von ihren Lehrern und Eltern. Ein langer Festzug bewegte sich durch die Straßen hinaus zum Wiesenfest. Die Mädchen in weißen Kleidern mit Kränzen im Haar und farbenprächtigen Blumenbogen, die Buben mit stolz geschulterter Armbrust. Die Hirschberger Stadtkapelle, unter Leitung ihres Dirigenten Lanzer, war in 2 Abteilungen in den Zug eingegliedert.“
 
 
Mädchen mit Blumenbogen beim Wiesenfestumzug
Mädchen mit Blumenbogen (Ende der 20er Jahre), Foto: Privatbesitz
 
 Schüler mit Stern zum Armbrustschießen 
Schüler mit Stern (Ende der 20er Jahre), Foto: Stadtarchiv
Nach einer Ansprache des Bürgermeisters Ruhe war das Wiesenfest eröffnet. „Dann marschierte die Jugend beiderlei Geschlechts im Sportdress zu turnerischen Vorführungen auf. Spiele, Tänze und Reigen wurden dargeboten. Etwa 2000 Festbesucher spendeten regen Beifall.“
„Durch freiwillig aufgebrachte Spenden, vor allem aber durch Zuschüsse der Hirschberger Lederfabrik, war es möglich, jedem Kind 3 Gutscheine auszuhändigen, durch die man Bratwürsten, Süßigkeiten und Freifahrten auf Reitschulen erstehen konnte. Mit dem Stechvogel gingen die Mädchen dem hölzernen Riesenvogel, mit der Armbrust die Buben dem hoch aufgezogenen Stern mit Scheibe zu Leibe oder versuchten sich an der Kletterstange.“
 
Wiesenfestumzug in der Schulstraße
Der Umzug auf dem Weg zum Festplatz, hier in der Schulstraße (Ende der 20er Jahre) Foto: Stadtarchiv
 
  
„Insgesamt herrschte ein fröhliches Treiben. Die Karussells wurden gestürmt, der Schießpalast umlagert und die Auto-Skooterbahn konnte den Ansturm kaum bewältigen. Andrang herrschte auch an den Schau-, Glücks- und Würfelbuden und den verschiedenen Fahrgeschäften. Im Bierzelt spielte die Stadtkapelle. So konnte der Wiesenfestbesucher alles finden, was Herz und Gemüt, Magen und Gaumen erfreute."
Gegen 19.00 Uhr erfolgte der Einzug der Kinder stadteinwärts
 
Wiesenfestumzug in der Marktstraße.
Umzug durch die geschmückte Stadt (30er Jahre), Foto: Stadtarchiv
 
 
Der zweite Wiesenfesttag, der Montag, wurde mit einem feuchtfröhlichen Frühschoppen eingeleitet und verlief wie der Sonntag. An diesem Tag erhielten die Jungen und Mädchen nach dem Umzug ihr Geschenk. Im Jahre 1939 bestand es aus einer Ausweistasche aus Leder für die Schüler über 10 Jahre, die jüngeren bekamen ein Schreibetui mit Inhalt, ebenfalls aus Leder. Meistens stellte die Lederfabrik diese Geschenke zur Verfügung.
 
Auch der zweite Wiesenfesttag endete beim fröhlichen Tanz in den Gaststätten, auf dem Festplatz oder im Bierzelt.
 Turnvorführungen auf dem Festplatz
Turnerische Vorführungen zum Wiesenfest (Ende der 20er Jahre), Foto: Stadtarchiv
 
 
1939 wurde am Mittwoch ein Heimatabend zu Ehren ehemaliger Hirschberger unter Mitwirkung der örtlichen Vereine veranstaltet. Zu dieser Veranstaltung verschickte das Komitee an ehemalige Hirschberger Einwohner 86 Einladungen, um sie zum Fest in ihre Heimatstadt einzuladen. Am Donnerstag feierten die Arbeiter und Angestellten der Lederfabrik ihr Betriebsfest und am Sonnabend fand im Freibad ein großes Schwimmfest statt. Mit einem Feuerwerk klang dieser Tag aus.
 
Der letzte Wiesenfesttag - der Sonntag - wurde so wie der erste Sonntag begangen. Am letzten Tag erhielten die Kinder noch Brühwurst, was durch die Spende der Lederfabrik ermöglicht wurde.
 
Mit dem Fest 1939 erreichte das Wiesenfest seine größten Ausmaße. Es sollte für längere Zeit das letzte Wiesenfest dieser Art sein.
 
 
Ein Märchenbild im Festumzug
Märchenbild zum Umzug 1939, Foto: Privatbesitz
 
 
Bereits im Jahre 1940 fiel das schon geplante Wiesenfest aus. Sieben Mitglieder des Wiesenfestausschusses waren bereits im Krieg. Sie erhielten Feldpostpakete zugesandt. Für die Kinder fand als Ersatz im Freibad ein Badfest statt. Das obligatorische Geschenk erhielten sie dieses Mal nicht, dafür einen Gutschein für 1,00 Reichsmark zum „Einkauf und Versendung von Liebesgaben an unsere Soldaten“.
 

Nach dem 2. Weltkrieg versuchten die Hirschberger, das längst zur Tradition gewordene Wiesenfest fortzusetzen.

 

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Das Wiesenfest nach dem 2. Weltkrieg

 

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